Familiengerüchte
Nicht nur aus meiner Erfahrung als Ahnenforscherin kenne ich sie: Die Familiengerüchte. Da saß ein Onkel dritten Grades im Gefängnis oder der Ahne der mal aus Deutschland ausgewandert ist, war mit dem Sohn vom Kaiser im selben Internat…. Ich könnte mit diesen Geschichten ein ganzes Buch füllen. Das witzige an diesen Geschichten ist, das von Generation zu Generation weitererzählt scheinbar auch der Wahrheitsgehalt zunimmt. Was so ein bis zwei Generation nach dem angeblichen Vorfall oder der Geschichte als Gerücht in der Familie kursiert wird u. U. später einmal doch noch wahr. Erfahrungsgemäß stellt sich aber leider öfters heraus, dass diese Geschichten zu 99,9 % erstunken und erlogen sind, wie man hier in Hamburg so schön sagt. Ich hatte in meiner bisherigen Laufbahn 3 (drei) Fälle, wo sich ein Familiengerücht bewahrheitet hat und, Sie können mir glauben, ich höre täglich durchschnittlich von zwei Neuen. Überlegen Sie selber einmal was in Ihrer Familie für Geschichten über Vorfälle, Personen etc. im Umlauf sind.
Meine eigene „Baron Münchhausen Geschichte“ bildet da keine Ausnahme.
Denn bis vor kurzem war ich mir 1000%ig sicher, dass Doris Mary Ann von Kappelhoff in Hamburg in der Straße Rutschbahn geboren wurde. Ach, die kennen Sie nicht? Wetten doch? Doris Day, diese nette, liebe Hollywood Schauspielerin heißt mit bürgerlichem Namen wirklich so.
Also es begab sich zu der Zeit als meine Jacke und Hose noch fast eins waren. Ich muss so um die 10 – 12 Jahre alt gewesen sein, als ich mit meinem Opa durch Hamburg fuhr. Er hat Karten für ein Theaterstück abgeholt und wir sind in eine Straße namens Rutschbahn im Hamburger Grindelviertel gefahren. Opa fuhr rechts ran, zeigte auf ein Haus und sagte, dass dort oben im zweitem Stock Doris Day geboren wurde. Punkt.
Mit Geschichten von Großeltern verhält es sich wie mit denen von Lehrern, man glaubt sie unbesehen und stellt sie nicht in Frage.
Zeitsprung: Vor ein paar Wochen lief auf einen der dritten Fernsehprogramme mal wieder eine Wiederholung von dem Film Bettgeflüster mit Rock Hudson und Doris Day. Ich versuchte natürlich durch Fachwissen über die Stars zu glänzen und erwähnte ganz am Rande, dass Doris ja eigentlich Hamburgerin sei. Schatzi, der alte Alles-besser-Wisser-Klugscheisser, brach sofort in schallendes Gelächter aus. Nachdem er sich dann halbwegs wieder unter Kontrolle hatte, habe ich natürlich die Geschichte von Opa erzählt. Wenn ein Mann Zwiebeln schneidet kann er nicht mehr Tränen im Gesicht haben als Schatzi in diesem Moment.
Also den PC angeschmissen und was stellt sich heraus:
Doris Day geboren am 03. April 1924 in Cincinnati, Ohio, USA.
Ich frage mich nun, warum hat Opa mir einen solchen Bären aufgetischt? Ich habe mehr als 20 Jahre im Glauben gelebt, dass Doris „in der Rutschbahn“ geboren wurde und somit Hanseatin ist.
Aber Mein ist die Rache, sprach die Frau. Schatzi erzählt mir auch immer wieder die Geschichte, dass sein Onkel Ted im Krieg Kohlen am Sternschanzen Bahnhof von den Lokomotiven geklaut hat. Jedenfalls habe ich Ted dann mal angerufen. Nichts, nada, niente, rien. Die Geschichte stimmt genauso wenig wie die von Opa. Schade nur, dass mein Opa 1991 gestorben ist. Den hätte ich nicht nur zu Doris Day gerne ausgefragt.
Que Sera, Sera,
Whatever will be, will be
The future’s not ours, to see…
Recht hat sie, die Doris. In die Zukunft können wir nicht blicken – in unsere Vergangenheit schon. Mich würde interessieren was Sie für Geschichten bei sich in der Familie haben, bitte schreiben Sie mir diese doch einmal.
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